03.02.2024
Zitat:
Frühere YB-Spieler
Für seine Flucht aus Belgien verzichtet Frey auf Geld
Der Stürmer ist endlich aus dem goldenen Käfig ausgebrochen, Sékou Sanogo zurück in der Schweiz. Und Taulant Seferi spielt in der Glitzerwelt statt im Kriegsgebiet.
Michi Frey ist endlich frei
Plötzlich geht es schnell. Vier, fünf Tage vergehen, in denen aus einer ersten Anfrage eine neue Aufgabe wird. So erzählt das Michael Frey der Medienstelle der Queens Park Rangers, des Clubs aus dem Norden Londons, der seit Ende Januar der Arbeitgeber des Stürmers aus Münsingen ist.
Frey ist endlich wieder frei. Nach der Rückkehr im Sommer von Schalke zu Royal Antwerpen stand der 29-Jährige beim belgischen Meister auf dem Abstellgleis, er hatte sich vor seinem Abgang nach Deutschland mit Trainer Mark van Bommel zerstritten. Die Konsequenz: Er musste sich im vergangenen Halbjahr in der zweiten Mannschaft fit halten.
Nun also die zweite englische Liga, dazu Abstiegskampf. Ein Auftrag, der wie geschaffen scheint für Frey. Kampfgeist, Wille und Einsatz gehören seit je zu seinen Vorzügen, bei der Vorstellung auf Schalke stellte Frey vor einem Jahr klar: «Ich bin einer, der auf alles geht, was sich bewegt.»
Seit dem Abstieg aus der Premier League 2015 dümpelt QPR vor sich hin, besser als auf Rang 9 war der Club in der zweithöchsten Liga nie rangiert. Dazu kommen finanzielle Schwierigkeiten. CEO Christian Nourry sagt: «Dieser Transfer wäre nicht möglich gewesen, wenn Michael nicht den unbedingten Wunsch gehabt hätte, dass es klappt. Er hat alles dafür getan, damit wir unsere Grenzen nicht sprengen.» Über eine Million Franken brutto pro Jahr wie in Belgien wird Frey also nicht mehr verdienen.
Dafür wird er gebraucht, er ist als Hoffnungsträger gekommen. 2023 hat er kein einziges Tor erzielt, nicht für Schalke in der Bundesliga, schon gar nicht für Royal. In seinem Fall gilt tatsächlich: 2024 kann nur besser werden.
Sékou Sanogo zurück in Gelb-Schwarz
Der Kreis schliesst sich. In der Schweiz lancierte Sékou Sanogo seine Karriere, hier neigt sie sich dem Ende zu. Im Januar hat er sich dem FC Schaffhausen angeschlossen, diesem Club mit zwielichtigem Hauptsponsor, Letzter in der Challenge League. Sanogos erste Station in Europa war 2011 der FC Thun, mit Trainer Murat Yakin. «Er rettete mich aus dem Bürgerkrieg, und dafür werde ich ihm ewig dankbar sein», sagte der Ivorer einmal über den heutigen Schweizer Nationaltrainer, über den sich hartnäckig das Gerücht hält, dass er Besitzer des FC Schaffhausen ist.
Sanogo kennt den Club aus dem Norden der Schweiz, Ende 2019 hielt er sich dort fit, der Trainer damals: Yakin. Kein Jahr zuvor hatte die Mittelfeld-Dampfwalze Bern für das saudische Geld verlassen, als Meisterspieler und Symbol für die Young Boys, die die Gegner das Fürchten gelernt hatten. Er schloss sich Al-Ittihad an, diesem Verein, der 2024 Stars wie Karim Benzema und N’Golo Kanté beschäftigt. Doch glücklich wurde Sanogo nicht, nach neun Monaten löste er seinen Vertrag auf.
Es ist also kein Zufall, ist Sanogo nach einem halben Jahr in der Arbeitslosigkeit in Schaffhausen gelandet. Bei einem Club auch, der unter dem neuen Sportchef Admir Mehmedi zu einem Auffangbecken für Profis geworden ist, die sich für nichts zu schade sind, um ihre Karriere zu verlängern. Sanogos Teamkollegen heissen Raul Bobadilla, Ridge Munsy und Emir Lenjani, Eren Derdiyok ist Assistenztrainer.
Vergangenes Wochenende bestritt Sanogo sein erstes Spiel, im ersten Zweikampf erlitt er eine Verletzung, nach 30 Minuten musste er ausgewechselt werden, Schaffhausen verlor. Der Start ist missglückt, aber der Mittelfeldspieler kennt das: Als er im Winter vor 13 Jahren zu seiner Premiere für den FC Thun kam, sah er 12 Minuten nach seiner Einwechslung die Rote Karte.
Statt im Kriegsgebiet stürmt Seferi jetzt in der Glitzerwelt
Der Fussball schreibt verrückte Geschichten. Taulant Seferi ist ein Teenager aus Nordmazedonien, als er 2014 seine Schwester in Bern besucht. Deren Mann kennt einen, der Leute bei den Young Boys kennt, so kommt Seferi zum Probetraining. In einem Testspiel der YB-Junioren gegen das Schweizer U-18-Nationalteam erzielt er einen Hattrick. YB gewinnt 3:2.
Besser aufdrängen ist unmöglich, kurz nach seinem 18. Geburtstag wechselt Seferi nach Bern, das ist im Januar 2015. Er gilt danach jahrelang als Versprechen, wird aber von Verletzungen gebremst. Als er die Young Boys 2021 definitiv in Richtung Tirana verlässt, hat er für sie nur ein paar Einsätze in der Super League bestritten.
2022 zieht es Seferi dann in die Ukraine, ein Jahr lang spielt er für Worskla Poltawa. Die Kriegsfront ist nur ein paar Hundert Kilometer entfernt, mehrmals am Tag heulen die Sirenen, um vor möglichen Angriffen der Russen zu warnen. Seferi lebt im Zentrum, die Freizeit verbringt er daheim, wenn er mal ins Restaurant geht, dann in jenes, das sich im Erdgeschoss seines Wohnblocks befindet. 13 Treffer erzielt er, das reicht in der Torschützenliste der ukrainischen Liga für Rang 2.
Seit dem Sommer steht der Angreifer in Abu Dhabi unter Vertrag, diesem Emirat am Persischen Golf, in dem Wolkenkratzer aus dem Boden schiessen. Hier die Welt im Aufbruch, da ein Land im Abbruch – der Kontrast zwischen Seferis Stationen kann nicht grösser sein.
Für den FC Baniyas hat der 27-Jährige bis jetzt sechs Treffer erzielt, gleich viele wie Haris Seferovic. Der frühere Schweizer Nationalspieler stürmt beim Ligakonkurrenten Al-Wasl SC aus Dubai. Das sportliche Niveau ist tief. Die Lebensqualität dafür hoch.
Seferi kommt auf 17 Länderspiele für Albanien, er darf sich grosse Hoffnungen machen, 2024 an der EM teilzunehmen. Es wäre der Höhepunkt seiner irren Karriere.
https://www.bernerzeitung.ch/fruehere-y ... 4603900451